Beruf & Karriere
Statussymbole - Zeichen von Macht und Einfluss
Sind Sie schon einmal zum Chef „nach unten“ gebeten worden? Wohl kaum, Vorgesetzte haben ihr Büro oben! Und wenn Sie das Büro betreten? Wirkt der übermächtige Schreibtisch wie eine Barriere? Das ist beabsichtigt, Distanz betont den höheren Status. Wo parkt die Geschäftsleitung? Auf einem Parkplatz an exponierter Stelle, mit dem eigenen Namen oder der Funktion versehen. „Alle unsere Sinneswerkzeuge“, so der Schweizer Bergführer Charles Widmer, „sind auf Raumnutzung eingestellt.“ Wir bevorzugen den Fensterplatz im Restaurant und besetzen mit Handtüchern die besten Plätze am Strand. Wir verdeutlichen unsere Raumansprüche, schreibt der Verhaltensforscher Graham Brown, mit Identitätsmarken („Hier bin ich!“), mit Kontrollmarken („Hier ist besetzt“) und durch Verteidigungsmarken („Finger weg, das gehört mir.“). Dieses Verhalten folgt offenbar festen Mustern, die in der Evolution bereits angelegt und intuitiv verankert sind. Immer und überall, so scheint es, sind wir bestrebt, eine möglichst günstige Position im Raum einzunehmen: Wir sprechen von einem „Lebensweg“, geraten auf die „schiefe Bahn“, werden in die „Irre geführt“ oder verfolgen „Gedankengänge“. Auch die Geschäfts-Sprache verrät eine räumliche Dimension: wir „erklimmen“ die Karriereleiter, ein Kollege hat einen „kurzen Draht nach oben“, ein anderer will „aufsteigen“ und „alles Gute kommt von oben“. Im Verhältnis der Menschen zueinander kommt es offenbar darauf an, eine vorteilhafte Position zu beziehen. Und das gelingt uns besonders wirkungsvoll mit Status-Symbolen. Status-Klassiker sind teure Uhren, exklusive Urlaubsziele oder technische Accessoires.
Statussymbole bilden die Leitwährung in nahezu allen Lebenslagen und haben die Eigenschaft, stets verstanden zu werden. Immer wenn sich Menschen begegnen, gibt es ein Beziehungsgefälle, mit jedem Blick, mit jeder Geste oder Mimik wird auch die kleinste Unterscheidung zueinander definiert. Die Vorstellung, auf „Augenhöhe“ miteinander zu kommunizieren, ist entweder Schönfärberei, um Unterschiede zu verwischen, oder reines Wunschdenken, ein Mythos, wie Astrid Posner meint.
Der Verhaltenstrainer Tom Schmitt und der Dramaturg Michael Esser haben ein Status-Modell entwickelt. In ihrem Buch „Status-Spiele“ unterscheiden sie vier Komponenten: hoher und tiefer Status, innen und außen. Wie fühle ich innen und wie stelle ich das nach außen dar. Der äußere Status bildet die Fassade, der innere das Status-Gerüst. Die vier Varianten des Status-Modells sind: Der „Charismatiker“, innen hoch und außen tief, er wirkt sympathisch und wird respektiert. Der „Macher“, er fühlt innen hoch und spielt außen hoch, erntet meist viel Respekt. Der „Arrogante“, er fühlt innen tief und spielt außen hoch, erringt weder Respekt noch Sympathie. Der „Teamplayer“ fühlt innen tief und spielt außen tief, er erhält hohe Sympathiewerte, aber wenig Respekt. Je nach Situation vereinen wir alle vier Status-Haltungen in uns, jedoch tendiert jeder zu einem bevorzugten Status.
Wer den höheren Status hat, bestimmt Zeit und Raum
Im Geschäftsleben ist der Rang an den Statussymbolen ablesbar. Denn jeder beherrscht die stummen, zuweilen auch lauten Statusbotschaften und die verschlüsselten Chiffren einer hierarchischen Ordnung. Es gibt Personen, die innerhalb weniger Augenblicke jedes Gespräch an sich reißen und andere, die ständig unterbrochen werden. Es gibt Kollegen, die zustimmend an den Lippen des Chefs hängen und geflissentlich nicken, wenn er spricht. Es gibt „Unter“gebene, die ihren Tiefstatus demütig, mit gesenktem Blick und hängenden Schultern zur Schau stellen. Im Kollegenkreise sind das Kriecher oder Schleimer. Kriecher und Schleimer sind übrigens immer nur die Anderen ... Es gibt sogenannte Alphatiere mit doppeltem Hochstatus, die jegliche Situation dominieren, es gibt „Tiefstapler“, die sich nach außen kompromissbereit zeigen, aber sehr wirkungsvoll ihre Interessen durchsetzen. Es gibt Aufsteiger, die ihre Statussymbole wie Trophäen vor sich her tragen und in puncto Respekt und Sympathie komplett abstürzen. Alle diese Verhaltensweisen haben auch mit ihrem Status zu tun.
Die Körpersprache gehört zu den eindeutigen sozialen Rangabzeichen. Während wir denken und fühlen, ist der Körper unentwegt in Bewegung. Wer beispielsweise den Blickkontakt hält oder den anderen bewusst durch Wegsehen ignoriert, besitzt einen höheren Status. Berührungen im Gesicht und am Kopf , das Zupfen an Ohr oder Nase oder ein Kratzen am Schädel, all das wird als Ausdruck von Unsicherheit, Verlegenheit oder Zurückhaltung, als Geste des Tiefstatus, interpretiert. Menschen mit bevorzugt hohem Status stehen gerade, heben leicht den Kopf, wenn sie aufmerksam zuhören, und verlangsamen ihre Bewegungen, vor allem dann, wenn es betriebsam und hektisch wird. Das Berufsleben ist von einem Wechselspiel zwischen Distanz und Nähe geprägt. Der US-amerikanische Anthropologe Edward Hall entwarf das Konzept eines mehrschichtigen Schutzbereichs. Welche Distanz unterschritten werden darf, hängt davon ab, wie „nahe“ uns der Mensch steht. Wer das Distanzbedürfnis missachtet, erntet körpersprachliche Signale des Unmuts, der Belagerte weicht zurück. Distanzverletzung wird auch wortreich geahndet: Wenn einer zu sehr auf „Tuchfühlung“ geht, sagen wir „Der rückt mir zu dicht auf den Pelz“ oder „Komm mir nicht zu nahe“.
Imponiergehabe ist tabu - dezent ist Trend
Statuswechsel in der Führung
Und wer den Sprung auf eine höhere Ebene geschafft hat, wird einen Status-Wechsel vollziehen. Die Distanz zu den ehemaligen Kollegen, die nun Mitarbeiter sind, vergrößert sich, und er muss entscheiden, ob er Macht ausüben oder Einfluss gewinnen will. Wer Macht ausübt, kann seine Interessen auch gegen den Willen anderer durchsetzen. Wer Einfluss nehmen möchte, ist in der Lage, seine Interessen mit Zustimmung der anderen durchzusetzen. Das ist – nach dem Status-Modell - der Unterschied zwischen einem „Macher“ und einem „Charismatiker“. Aufsteiger, die es allen recht machen wollen, mögen sympathische „Teamplayer“ sein, Respekt ernten sie kaum: „Everybody`s Darling ist erverybody`s Depp“! Und wer mit seinem Imponiergehabe mehr Schein als Sein präsentiert, erzeugt weder Sympathie noch Respekt. Ein derartiger Chef-Simulator agiert – siehe Status-Modell - nur äußerlich im Hochstatus, im Inneren sieht es mau aus. Dieses Verhalten wird als arrogant, lächerlich und peinlich empfunden. Statussymbole können also auch Stolperfallen sein, wenn sie nicht authentisch sind.
Der Status ist gelebte Beziehungsgestaltung und ein dynamischer Prozess. Ein Mensch, der sich äußerlich tiefer verhält als er sich im Inneren fühlt, gewinnt ein hohes Maß an Respekt und Sympathie. Das kann in verschiedenen Situationen bedeutsam sein. Welchen Status wir einnehmen, können wir häufig selbst entscheiden. Ein Machtwort beispielsweise erniedrigt den Status des anderen, ein wertschätzendes Kompliment erhöht ihn. Auf alle Fälle gilt: Dick auftragen ist tabu, dezent ist im Trend! Erfolgreich ist, wer weiß, was er will und erkennt, welche Interessen der andere hat. Es gibt Situationen, in denen der „Macher“ gefragt ist, andere, in denen der „Teamplayer“ mehr Erfolg verspricht Wer über ein hohes Maß an Statusflexibilität verfügt und seinen Status situativ anpasst, behält die Oberhand und entwickelt sich – wie Tom Schmitt ihn nennt - zum „Status-Artisten“.